Kein Zweifel: Geschäftliche E-Mails müssen vorsichtiger und höflicher formuliert werden als private. In geschäftlichen Mails hat sich im Laufe der Jahre jedoch etwas eingeschlichen, das höflich und freundlich sein soll, in der Realität aber genau das Gegenteil erreicht: "Vielen Dank im Voraus", wenn man den Angeschriebenen um einen Gefallen oder einen Dienst bittet. Noch schlimmer ist die Variante mit einem oder mehreren Ausrufezeichen am Schluss: "Vielen Dank im Voraus!!!"
Klar, auf den ersten Blick wirkt die Formulierung entgegenkommend und anständig, weil sich der Schreiber ja artig bedankt. Auf den zweiten Blick setzen Sie dem Empfänger jedoch das Messer auf die Brust: Danke, dass Sie das für mich tun werden! Eigentlich sagen Sie sogar: "Sie müssen das für mich tun, Sie haben gar keine andere Wahl, ich habe mich ja schon bedankt!" Vielleicht fühlt sich der Empfänger durch diese offensive Formulierung unter Druck gesetzt und vor den Kopf gestoßen, weil er gar nicht freiwillig einwilligen kann, etwas für Sie zu tun. Hinzu kommt noch: Da Sie sich bereits im Vorfeld bedankt haben, muss der Empfänger Ihrer E-Mail zudem damit rechnen, nach verrichteter Arbeit kein Dankeschön mehr von Ihnen zu bekommen. Keine schöne Aussicht, wenn der Gefallen, dem man dem anderen tun soll, nicht mehr gewürdigt wird.
Werfen wir einen Blick auf den Alltag: Im Restaurant bedanken Sie sich beim Kellner, wenn er Ihnen ein Getränk oder ein Gericht bringt, richtig? Aber bedanken Sie sich bei ihm auch im Voraus, also bei der Bestellung? Sagen Sie so etwas wie "Vielen Dank schon mal für die Hummerzangen"? Natürlich nicht. Im realen Leben bedanken sich Menschen erst dann, wenn Sie gerade eben einen Gefallen, eine Dienstleistung oder ein Kompliment empfangen haben, aber niemals im Vorfeld. Gehen Sie mal zum Friseur und probieren Sie es aus: Bedanken Sie sich beim Betreten des Salons für die schicke neue Frisur und ernten Sie irritierte Blicke.
Fakt ist: Mit der Formel "Vielen Dank im Voraus" tun Sie weder sich noch Ihrem Geschäftspartner einen Gefallen, obwohl sie mittlerweile sehr häufig verwendet wird. Wählen Sie deshalb lieber eine andere Formulierung. Hier sind ein paar Vorschläge:
- "Ich weiß Ihre Hilfe sehr zu schätzen."
- "Ich wäre sehr dankbar, wenn Sie mir diese Information schicken könnten."
- "Ich hoffe, dass meine Anfrage nicht zu viel Arbeit macht."
- "Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit."
- "Ich bin für jede Unterstützung dankbar."
Noch ein paar Worte zur abschließenden Grußformel in geschäftlichen E-Mails, denn auch hier lauern Stolpersteine. Wenn Sie höflich und korrekt mit "Sehr geehrte Frau X" oder "Sehr geehrter Herr Y" begonnen haben, sollten Sie diesen Stil auch bei dem letzten Satz beibehalten und mit "Mit freundlichen Grüßen" schließen. Auch sonst empfiehlt es sich, "Mit freundlichen Grüßen" zu verwenden, da verkürzte Formeln wie "Freundliche Grüße" oder gar "Grüße" wenig Zeit und vor allem eine Geringschätzung für den Geschäftspartner suggerieren. Noch schlimmer: "Gruß", kürzer geht es nicht mehr – es sei denn, Sie lassen eine abschließende Grußformel komplett weg. "Gruß" sagt: "Ich habe keine Zeit für dich und will nichts mit dir zu tun haben. Mein Chef hat mich dazu genötigt, dir zu schreiben, verdammt, ich will endlich in den Feierabend!" Diesen Eindruck vermitteln übrigens auch Abkürzungen wie "MfG" oder "BG". Hier lohnt sich das Ausschreiben.